Lernen wir Kreativität von anderen Kulturen!

Gestern wollte ich mal wieder etwas mit den Händen machen. Also entschloss ich mich zu kochen. Ich liebe es, wenn ich am Ende meiner Arbeit – im Gegensatz zu meiner sonst sehr theoretischen Tätigkeit – auch mal etwas Physisches vor mir habe. Dazu brauchte ich saure Sahne. In dem chilenischen Supermarkt fand ich zunächst keine solche, dafür aber gefühlte 200 Varianten an Joghurt. Als ich eine Verkäuferin danach fragte, schaute sie mich an, als hätte ich einen blutenden Schafskopf von ihr verlangt und fragte mich mit erschrockener Stimme: „Was wollen Sie?“. Ich fragte auch andere Kunden – soweit ich feststellen konnte ausschließlich Chilenen – und erntete von ihnen eine zumindest sehr ähnliche Reaktion. Die dritte Kundin konnte mir helfen – auch wenn ich danach feststellen musste, dass saure Sahne unverschämt teuer ist (umgerechnet auf hiesige Verhältnisse ca. 4 EUR). Offenkundig ist in Chile nicht üblich, mit saurer Sahne zu kochen.

Ich freue mich über diese Unterschiede zwischen den Kulturen. Weil sie uns dazu anleiten, kreativ zu werden. Kreativität entsteht immer dann, wenn wir auf den ausgetretenen Pfaden nicht weiterkommen und neue Wege suchen müssen.

Dieses Ereignis erinnerte mich daran, wie ich einmal in Frankreich frische Hefe kaufen wollte. Da ich auf Französisch ausschließlich sagen kann, dass ich kein Französisch spreche – was, wenn man den Satz nur schnell genug herunterrasselt zu dem erstaunlichen Effekt führt, dass das Gegenüber die inhaltliche Botschaft überhaupt nicht wahrnimmt – organisierte ich mir einfach eine Packung Fertigpizzateig und lies mir von einer Verkäuferin einfach jeden der Zutatenartikel zeigen, die halbwegs dafür infrage kamen, Hefe zu sein. Schließlich führte sie mich – schon leicht genervt – zur Trockenhefe. Als ich dann aber auf das Kühlregal zeigte, erntete ich auch damals diesen irren Blick. Allmählich gewöhne ich mich an ihn.

Aber ich finde es großartig! Die Welt von heute ist sehr vernetzt. Wir können Nachrichten oder ganze Bücher in einer Sekunde zur anderen um die ganze Welt schicken. Wir haben heute die besten Kommunikationsmöglichkeiten der Geschichte. Und trotzdem sind wir (noch) so unterschiedlich. Meiner Meinung nach ist es nichts Dramatisches. Es geht nicht darum, ob eine Kultur besser oder schlechter ist. Situationen wie diese erinnern mich daran, dass meiner Sicht auf die Welt nicht die einzig wahre ist. Und das es verschiedene Antworten auf die Fragen der Welt gibt, die genauso passen, ohne dass notwendigerweise eine die Richtige ist.

Ich denke, wir brauchen mehr Situationen wie diese. Wir brauchen mehr Menschen die allein durch die Welt reisen, um genau dieses Verständnis für die anderen und Kreativität zu erlernen. Dann erkennen wir, dass die anderen keine Teufel sind wie uns Politik und andere Interessengruppen uns das gern glauben machen wollen. Wichtig ist aber, dass wir den anderen in Respekt begegnen – und weder von ihnen noch von uns verlangen, uns anzupassen. Auch die Welt von morgen braucht keine Einheitssoße, sondern auch unsere Kinder brauchen diese Gelegenheiten, Verständnis und Kreativität zu lernen!

Im chilenischen Supermarkt habe ich aus Kostenüberlegungen schlussendlich einfach Joghurt gekauft – und hinterher festgestellt, dass mein Gericht damit genauso schmeckt.  Und ich habe wieder eine Erkenntnis für mein Leben gewonnen.

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